Heimatverein
Spalter-Land e.V.

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Vor dem Lockschuppen in Nürnberg
Vor dem Lockschuppen in Nürnberg - Bild mit frdl. Genehmigung von Hr. Ulrich Budde

»Spalter Bockl«

Streckenplan
Das fränkische Streckennetz um 1900

Mit dem Begriff »Spalter Bockl« werden zwei Dinge bezeichnet. Zum Einen die 1872 in Betrieb genommene, am 28. September 1969 für den Personenverkehr geschlossene und am 28. Mai 1995 endgültig stillgelegte ehemalige Bahnstrecke von Georgensgmünd nach Spalt und zum Anderen die Dampflokomotive, die die Züge hin- und herzog.

Zu diesem Thema gibt es bereits einige Webseiten:

Von Fred Hofmann eine sehr ausführliche Seite »Der Spalter Bockl«,
hier ist die Seite auf der Wikipedia »Bahnstrecke Georgensgmünd-Spalt«.
Herr Ulrich Budde hat die Seite »Der Glaskasten im Bw Nürnberg Hbf 1968/69« veröffentlicht.

Manfred Kimmig hat einen sehr schönen Film auf YouTube eingestellt, mit eindrucksvollen Schwarz-Weiß-Bildern vom Original Bockl (BR 98 301 und BR 98 307 - die 307 ist im Deutschen Dampflock Museum ausgestellt).

Ein Nutzer Namens »Spalterbockl« stellt - ebenfalls auf YouTube - einen Film über die letzte Fahrt des Spalter Bockls zur Verfügung.


Bau der Bahnlinie um 1870
Bau der Bahnlinie um 1870 - Bild von Hr. J. Gabler - Kopie einer SW-Fotographie, von Hand mit Bleistift nachgearbeitet
Gemeinschaftsfoto nach der Kontrolle der Station
Gemeinschaftsfoto nach der Inspektion der Station

Es war einmal...
Es war einmal...

Alt und »Neu«
Die 98 307 neben der 103 002 in Nürnberg - Foto: DB-Pressedienst
Lockführer Karl Ammon
Oberlockführer Karl Ammon († 5. 12. 1971) - Foto: Helene Ammon

Von Herrn Ammon wird aus gut unterrichteten Spalter Quellen berichtet, dass er ab und zu am Wochenende mit dem »Bockl« Mist auf seine am Bahngleis liegenden Felder gefahren habe. Ob so etwas heute noch möglich wäre?


Hier noch eine Kopie eines Frachtbriefes vm 25. Februar 1878 über eine Lieferung aus Georgensgmünd an einen Herrn Benedikt Ehard, Haus Nummer 244 in Spalt. Das Dokument wurde von Hr. Josef Gabler aus Spalt zur Verfügung gestellt.

Frachtbrief vom 25. Februar 1878
Frachtbrief vom 25. Februar 1878
Frachtbrieff vom 25. Februar 1878
Frachtbrief vom 25. Februar 1878

In Spalt Ende der 50er
Foto K. Klein - In Spalt Ende der 50er Jahre - Mit freundlicher Genehmigung der »Ulmer Eisenbahnfreunde«

Mit leichtem Grausen weiden wir uns an Unfällen, besonders wenn wir nicht betroffen sind...

Kleine Unfallchronik

»Eine absolute Betriebssicherheit ist jedoch ausgeschlossen, weil das ganze Eisebahnwesen von Menschen geschaffen worden ist und von Menschen verwaltet wird, mithin, wie alle menschlichen Einrichtungen, nicht vollkommen sein kann« (Jak. Zinßmeister: Die Wirtschaftsfrage im Eisenbahnwesen. Schweinfurt 1905).

Die Unfallchronik, die nicht vollständig sein kann, beginnt mit dem Jahr 1908.

Am 7. 3. berichtete der Spalter »Rezatbote« von einem Unfall an der Haltestelle Hügelmühle. Danach geriet der Taglöhner Kaufmann aus Luxemburg unter die Räder des Zuges, wobei »ihm ein Arm gänzlich abgefahren« wurde. »An seinem Aufkommen wird gezweifelt.«

Die gleiche Zeitung brachte am 26. 4. 1913 die Notiz, dass der Bierführer Billmeier vom Schöffengericht Roth zu 20 M Geldstrafe oder 4 Tagen Gefängnis verurteilt worden sei. Er hatte es an der Wasserzeller Überfahrt »an der nötigen Sorgfalt fehlen lassen, wobei ein Pferd getötet wurde. Billmeier kam mit dem Schrecken davon«.

Große Wellen schlug am 4. 7. 1926 die »Entgleisung des Spalter Abendzuges«.
Ein wolkenbruchartiger Regen wälzte von den Wegen des Großweingartener Berges derartige Wassermassen, untermischt mit Land und Schlamm, herunter, dass die Bahnüberfahrt bei der Egelmühle total versandet war. Die Schienen waren ca. 15 Zentimeter hoch mit Sand überdeckt. Der um halb 7 Uhr von hier abgehende Zug konnte das Hindernis nicht überwinden, und kamen an genannter Stelle die Lokomotive, der Postwagen und zwei Personenwagen zur Entgleisung. Die Maschine fuhr noch ca. 20 Meter neben den Schienen, bohrte sich mit den vorderen Rädern tief ins Erdreich an der kleinen Böschung und neigte sich bedenklich zur Seite. Hätte sich hier eine größere Böschung befunden, wäre sie ganz umgestürzt und hätte die Wagen mit sich gerissen. So blieben die entgleisten Wagen stehen. Nachdem sich der Zug noch nicht in scharfer Fahrt befand, und der Lokomotivführer sofort die Bremse zog, wurde ein größeres Unglück verhütet, zumal er gut besetzt war. Der von Nürnberg verlangte Hilfszug traf mit Hebematerial und Arbeiterpersonal abends gegen halb 10 Uhr an der UnfallsteIle ein und brachte die Passagiere, soweit sie nicht schon den Weg zu Fuß nach Georgensgmünd zurückgelegt hatten, in Richtung Nürnberg weiter. Bei Scheinwerferbeleuchtung begannen die Hebearbeiten sofort und dauerten bis spät in die Nacht hinein. Es graute schon der Morgen, als man alles wieder ins Gleis gebracht hatte. Personal und Passagiere kamen bei dem Unfall nicht zu Schaden und sind mit dem Schrecken davongekommen, sie wurden nur ordentlich durcheinander gerüttelt. Der Materialschaden ist nicht von besonderer Bedeutung. Verbogene Puffer, beschädigte Plattformen und sonstige kleinere Merkmale zeugten von einem Unfall, als Lokomotive und Wagen heute Montag morgens nach 9 Uhr die Fahrt nach Nürnberg zur Reparatur unternahmen. Die Frühzüge wurden mit einer Reservemaschine gefahren. Das Personal trifft an dem Unfall keine Schuld, der Lokomotivführer glaubte, die Sandstelle überwinden zu können. Schlussbemerkung des »Rezatboten«: »Kleine Ursach - große Wirkung« (6. 7. 1926). Auch in Georgensgmünd bildete dieser Unfall das Gespräch dieses Abends. »Die Nachricht, der Spalter Zug sei bei der Egelmühle entgleist, durchlief in den Abendstunden in wenigen Minuten unsere Einwohnerschaft. Die beim Abendtrunk in den Gaststätten sich stärkenden Herren nahmen anfänglich die Kunde nicht sehr ernst und schüttelten ungläubig das Haupt. Bald aber drangen nähere Einzelheiten durch, und zur hiesigen Station per Fuß eilende Passagiere des Spalter Zuges klärten den Unfall völlig auf. Nass bis auf die Haut erwarteten die Reisenden die Abendzüge. Dass der D-Zug aus Anlass der Verkehrsstörung hier kurz hielt und die Personalbeförderung nach Süden bis Treuchtlingen übernahm, wurde dankbar gerühmt und anerkannt. Ebenso freudig begrüßte das nach Spalt zielende Publikum das rasche Erscheinen des großen Lastautos der Spalter Stadtbrauerei (8. 7. 1926).

bei Wasserzell
Foto: K. Klein. Mit freundlicher Genehmigung der »Ulmer Eisenbahnfreunde«

Dieser in der Geschichte der Spalter Bahn wohl einmalige Unfall war für das Spalter Land eine echte Sensation, und der »Rezatbote« als treuer Berichterstatter der lokalen Nachrichten würdigte das Ereignis mit großer Ausführlichkeit.

Über den Tieffliegerangriff auf den »Spalter Bockl« hat Oberlokführer Karl Ammon schriftlichen Bericht hinterlassen:

»Am 28. 2. 1945 wurde der von mir gefahrene Zug Georgensgmünd-Spalt während der Einfahrt in den Bahnhof Spalt von 3 Tieffliegern beschossen. Verletzt wurden der Zugschaffner, ein Steuerinspektor aus Roth und ich. Ferner wurde Frau Pröls, als sie im Hause der Familie Wagner in der Zellgasse mit ihrem Kind Schutz suchen wollte, von hinten angeschossen (Wadendurchschuss). Der Zugschaffner hatte einen Bauchschuss und starb zwei Tage darauf. Der Steuerinspektor hatte eine Fußverletzung und starb nach einem Jahr. Ich wurde im Krankenhaus Roth operiert (sieben Splitter im rechten Arm).« Ammon erwischte es, obwohl er den Zug anhielt und sich darunter in Sicherheit brachte. Drinnen im Spalter Bahnhof schrie Obersekretär Hans Stromer: »Rette sich, wer kann!« und verschwand hinter dem Fahrkartenschrank. Am Spalter Stationsgebäude und an der Güterhalle sind heute noch Einschussspuren zu erkennen.

Im Jahre 1950 wurde der Hügelmüller Leinberger beim Haltepunkt Großweingarten tödlich verletzt. Lokführer Attig gab damals zu Protokoll: »Bei Beförderung des Kp 3043 am 15. 1. 1950 wollte gegen 18.25 Uhr am Wegübergang beim Hp. Großweingarten ein Motorradfahrer noch kurz vor meinem Zug den Überweg überfahren. Der Motorradfahrer wurde von der Lok 98 314 (L 22.II) seitlich gerammt und kam mit seinem Motorrad unter der Lok zu liegen. - Die Lok fuhr rückwärts, die Bahnbeleuchtungslaternen brannten. Ungefähr 4 Meter vor der Überfahrt bemerkte ich einen Lichtschein, weshalb ich eine Schnellbremsung einleitete. Der Zug kam nach einer Wagenlänge zum Stehen, da ich denselben wegen des dahinter liegenden Haltepunktes bereits schon abgebremst hatte. Der Motorradfahrer näherte sich von der rechten Seite, weshalb ich seine Annäherung wegen des Rückwärtsfahrens der Lok nicht beobachten konnte. Vermutlich wurde er vom rechten Puffer erfasst, da die rechte Bahnbeleuchtungslaterne nach dem Unfall nicht mehr brannte. Beim Untersuchen der Lok mit dem Zugführer (Maul) stellten wir fest, dass der Fahrer mit seinem Krad unter der Lok lag. Nach Herbeiholen eines Arztes und der Polizei wurde derselbe tot aus seiner Lage befreit, Kp. 3043 erhielt 60 Minuten Verspätung. Lok 98 314 ist nur mit einem Mann besetzt."

Das Jahr 1956 hat sich gleich mit zwei Unfällen in die Chronik eingeschrieben. Auch davon hat sich Lokführer Attig das Protokoll aufgehoben: »Am 13.2.1956 fuhr ich den P 3097, planmäßige Abfahrt mit drei Minuten Verspätung, von Georgensgmünd nach Spalt. Nach der Ausfahrt aus dem Bahnhof Georgensgmünd gab ich meine vorgeschriebenen Läut- und Pfeifsignale für den in km 0,5 befindlichen Übergang. Meine Geschwindigkeit betrug ca. 20 bis 25 km/h. Dabei merkte ich ein Auto von der Mühlstettener Straße herankommen. Trotz meiner Signale kam der Pkw immer näher an den Bahnkörper heran. Da nach meiner Annahme das Auto nicht mehr rechtzeitig zum Stehen kommen konnte, leitete ich die Schnellbremsung ein. Ich kam ungefähr mit zwei Wagenlängen nach der Überfahrt zum Stehen. Dabei wurde der Pkw, der sich nicht bewegte, von der Lok und dem ersten Wagen erfasst und zur Seite geschleudert. Nach meiner Überzeugung hatte der Fahrer keine Verletzungen erlitten. Lok und Wagen wurden beschädigt. Von der Lok wurde das rechte Luftsaugventil abgerissen und vom ersten Wagen das Trittbrett verbogen. Reisende kamen nicht zu Schaden. Ich musste meinen Zug wieder zurückdrücken nach Georgensgmünd, um meine Lok wieder instand zu setzen; dadurch erhielt P 3097 59 Minuten Verspätung. Nummer des Pkw AB 754 - 429.« Dazu muss noch ergänzt werden, dass nach dem Zusammenstoß aus der Lok große Dampfwolken entwichen. Die Reparaturen in Georgensgmünd wurden beim Schmied ausgeführt. Der Pkw war vorn ziemlich demoliert.

Leider gab es sechs Jahre später einen weiteren tödlichen Unfall. Am 26. 8. 1956 näherten sich zwei Motorradfahrer dem Bahnübergang an der Hügelmühle. Der erste konnte gerade noch vor dem Zug hinüberkommen, aber der zweite Fahrer fuhr unmittelbar in die Lok hinein und wurde zurückgeschleudert. Nach sieben bis acht Stunden war er (Heinrich Kern) tot.

Der nächste Unfall, der letzte mit einer Dampflok, ereignete sich am 3. 1. 1963 bei der Überfahrt in Wasserzell. Der alte »Bockl« war bereits ausgemustert. Eine Ersatzlok (94 425) machte ihre letzte Fahrt von Spalt nach Georgensgmünd, da dort bereits eine Diesellok erwartet wurde. Die »Roth-Hilpoltsteiner Volkszeitung« gab am 4. 1. 1963 einen ausführlichen Unfallbericht:
»Die Besatzung der Dampflok ahnte nicht, dass diese letzte Fahrt so verhängnisvoll verlaufen sollte, und ausgerechnet noch dort, wo die Bundesbahn Vorkehrungen getroffen hat, die zur Sicherung des Straßenverkehrs beitragen sollen. Wie verschiedentlich berichtet, wurden am schienengleichen Bahnübergang bei Wasserzell vier Blinkleuchten aufgestellt, die aber noch nicht in Betrieb sind. Alle vier Signalanlagen sind noch verdeckt. Nun, der Fahrer des aus Richtung Spalt kommenden Lastzuges mit der Aufschrift »Staatl. Hofbräuhaus München« sah wohl diese verdeckten Signale und glaubte, wie er nach dem Unfall meinte, dass hier wohl überhaupt kein Zug verkehre. Und das wurde ihm zum Verhängnis; denn als der Lastzug zur Hälfte über dem Gleis war, da kam aus Richtung Spalt die Dampflok und riss Motorwagen und Anhänger entzwei, die Lok selbst wurde aus den Gleisen gerissen, ohne jedoch umzukippen. - Glück im Unglück: der Fahrer des Lastzuges blieb unverletzt, sein Beifahrer erlitt leichtere Verletzungen an einem Fuß. Allerdings ist der Sachschaden beträchtlich, beim Lastzug, der Spalter Hopfen und Münchner Hofbräuhausbier geladen hatte, schätzt man etwa 10000 DM Schaden, an der Lok bis zu 4000 DM. Viele Stunden dauerten die Aufräumungsarbeiten an der Unfallstelle, Fracht des Lastzuges musste umgeladen - die aus den Gleisen gesprungene Lok von einem Hilfszug wieder »in die richtige Bahn« gebracht werden. Der Sachschaden erhöht sich noch, weil bei diesem Zusammenstoß eine der Blinklichtanlagen in Bruch ging.«
Die beiden Fotos dieses Zeitungsartikels geben ein anschauliches Bild von der UnfallsteIle : die Lok hatte den Lastzug ein Stück mit geschoben, der dann zertrümmert auf dem Gleis liegenblieb, während der Anhänger (weniger beschädigt) neben den Schienen stand. Im Schnee lagen verstreut die Bierfässer.

Mit diesem ominösen Zusammenstoß endet die Chronik der Unfälle, die eben auch zur Geschichte der Spalter Eisenbahn gehört.

Quelle: »Aus der Spalter Heimat«, Heft 11 von 1972


am 25.5.1958 in Spalt
Die Schwesternmaschine 98 301 am 25.5.1958 bei der Bekohlung in Spalt - Foto mit frdl. Genehmigung von Hr. Schambach
Vor dem Lockschuppen in Nürnberg
Vor dem Lockschuppen in Nürnberg - Bild mit frdl. Genehmigung von Hr. Ulrich Budde
Vor dem Lockschuppen in Nürnberg
Vor dem Lockschuppen in Nürnberg - Bild mit frdl. Genehmigung von Hr. Ulrich Budde

1961 in Georgensgmünd
Foto: H. Streibel, mit freundlicher Genehmigung der »Ulmer Eisenbahnfreunde«.
Die 98 307 im Deutschen Dampflock Museum in Neuenmarkt
Die 98 307 im Deutschen Dampflock Museum in Nebenmarkt
Das »Logo« der 98 307 im Original
Das »Logo« der 98 307 im Original

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